Blog Demokratie heute

In unregelmäßigen Zeitabständen werde ich hier Gedanken, Vorschläge und Stellungnahmen über demokratische oder scheinbar demokratische Vorgänge äußern.


Vielleicht liest das jemand und schickt mir Kommentare, Zustimmungen oder Gegenargumente. Die Demokratie befindet sich nach meinen Feststellungen gerade im Umbruch. Junge Demokratien bemühen sich um die Stabilisierung der Institutionen, alte Demokratien stoßen an ihre Grenzen. Die Präsidialdemokratien haben Probleme mit der Gewaltenteilung, die repräsentativen Demokratien mit der Partizipation und der Repräsentanz und die direkten Demokratien mit der Kompliziertheit vieler Sachverhalte. Wohin geht die Entwicklung? Welche Rolle kann, soll und muss das Internet in Zukunft spielen?

Vielleicht finden wir ja gemeinsam einen Weg, unser Zusammenleben freundlicher, gerechter und im Einklang mit der Umwelt zu gestalten.


23. Mai 2018, 12:13

Folgebereitschaft der Minderheiten

Demokratie lebt auch vom Wettbewerb um die politische Macht. Dabei entstehen Mehr- und Minderheiten. Die Herrschaft der Mehrheit findet im Schutz der Minderheiten ihre Grenze. Zum einen, weil die Mehrheit von heute zumindest in Teilen die Minderheit von morgen sein kann. Zum anderen, weil die sonst die ethischen Voraussatzungen der Demokratie in Frage gestellt würden.
Warum folgen die Minderheiten den Mehrheitsentscheidungen? Dieses Phänomen erklärt sich aus einem Wir-Gefühl, einer kollektiven Identität. Sofern es hier Spannungen gibt, wie z.B. in der 60er Jahren, als die Außerparlamentarische Opposition gegen gegen die z.T. wieder politisch aktiven Eliten des 3. Reiches sowie gegen die große Koalition protestierten oder heute, wenn einige Minderheiten, die sich als außerhalb der Grundordnung sehen, aggressiv gegen die staatliche Gewalt opponieren, muss sich die Mehrheit dazu entschließen, legal zustande gekommene Entscheidungen durchzusetzen.
Im Allgemeinen entsteht die Folgebereitschaft ohne Zwang.

Wenn aber wie in der Europäischen Union die kollektive Identität zu schwach ausgeprägt ist, - manche sagen auch, sie wäre gar nicht vorhanden - kommt es zu Erscheinungen, wie sie in der EU zu beobachten sind vom Brexit bis zu offenen Vertragsverletzungen durch Mitgliedstaaten.
Wie ich in meiner Dissertation ausgeführt habe, bedarf es zu nächst einiger Anstrengungen, um das institutionelle Demokratiedefizit abzubauen, vom Wahlrecht zum Europäischen Parlament bis zur Schaffung der Organe, die EU Entscheidungen auch auf europäischer Ebene treffen können. Darauf aufbauend kann dann das sozio-strukturelle Demokratiedefizit verringert werden. Die EU braucht eine "Erinnerungs-, Erfahrungs- und Kommunikationsgemeinsachft" (Graf Kielmannsegg 2009).

Redakteur




23. Mai 2018, 12:09

Delegierte Selbstregierung

Demokratie in Form der Selbstregierung stößt an die Grenzen der Machbarkeit, wenn die Größe einer Gemeinschaft die direkte und unmittelbare Beteiligung an Entscheidungen verhindert. Der Ausweg aus diesem Dilemma ist die repräsentative Demokratie. Dabei ergeben sich Probleme bei der Wahl und der Kontrolle der Repräsentanten. Meist beschränkt sich die Bewertung auf die Wiederwahl oder Abwahl.
Die Wahlsysteme sind sehr unterschiedlich und spiegeln oft nicht den Wählerwillen wieder. Bei der Mehrheitswahl wie in UK kommt es zwar auf den jeweiligen Kandidaten an, aber es kommt vor, dass eine Mehrheit im Parlament nicht die Mehrheit der Bürger wiederspiegelt. Beim Stichwahlsystem wie in Frankreich wird die Problematik zwar etwas abgemildert, aber die Gefahr bleibt dennoch bestehen.
Bei dem reinen Verhältniswahlrecht wie bei der Wahl zum Europäischen Parlament ist der Einfluss der Parteien zu groß und die Abgeordneten müssen sich als ersten nach den Parteien richten und nicht auf den Wählerwillen achten. Beim deutschen Wahlrecht werden zwar einzelne Abgeordnete und Parteien gewählt, aber nach dem letzten Urteil des Bundesverfassungsgerichts werden die Zweitstimmen von letzter Bedeutung sein.
Stößt die repräsentative Demokratie an seine Grenzen? Es gäbe noch weitere Argumente dafür. Viele sehen einen Ausweg in der Stärkung direktdemokratischer Element. Wer sollte das anregen? Die Parteien sicher nicht. Denn warum sollte eine Partei ihren Einfluss schmälern? Hier sind Bürgerinitiativen mit guten Konzepten gefragt. Die technischen Voraussetzungen für mehr direkte Demokratie in Form der neuen Medien sind gegeben. Warum probiert es niemand?

Redakteur




22. Mai 2018, 23:57

Herrschaft auf Zeit

Gerade in einer Zeit, in der man sich über manche Wahlergebnisse und Volksentscheide wundert, ist die Möglichkeit einer Korrektur wichtig. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass die Grundlage für den Wechsel auch erhalten bleibt.
Man kann Wahlergebnisse bedauern, man kann empört sein oder Zweifel am Zustandekommen von Entscheidungen äußern, aber in jedem Fall ist die Entscheidung des Souveräns zu akzeptieren, solange keine Wahlfälschung nachgewiesen wurde und solange die unterlegene Minderheit der Mehrheit folgt.
Die Vorteile einer Herrschaft auf Zeit sind unübersehbar, da es auch nie nur eine Wahrheit gibt.

Redakteur




22. Mai 2018, 23:56

Demokratie ist ...

... Herrschaft auf Zeit
... delegierte Selbstregierung
... Folgebereitschaft der Minderheiten
... ein Wettbewerb um die Mehrheit der Stimmen
... ein System der politischen Gleichheit und Freiheit
... die Möglichkeit der politischen und rechtlichen Kontrolle
... eine unabhängige intermediäre Struktur, die Staat und Zivilgesellschaft miteinander verbindet

Redakteur



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